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Über den Film

Wir wollten einen Film machen, der den Mut hat, sich dem Risiko stellt, eine grosse, epische Geschichte vollständig, von A bis Z zu erzählen. Eine Geschichte über Schuld und Wiedergutmachung, Verantwortung und Vergebung. Auch auf die Gefahr hin, an einem so grossen, ernsten Thema zu scheitern, es nicht zu bewältigen.

Wir wollten einen Film machen, der dem Zuschauer die Frage stellt, ob man Erwachen kann:
Aus Dumpfheit, Gleichgültigkeit, Desinteresse, Verneinung.
Ausgelösst durch den realen Fall eines extrem brutalen, gemeinsam verübten Mordes dreier Jugendlicher an einem behinderten Jungen in Potzlow (Brandenburg) stellen wir diese Frage in unserem Film an Bastian, einen jungen Betonbauergesellen aus Wismar, der gleichgültig, ja fast beiläufig einen Stadtstreicher, einen "Penner" erschlägt.

Wir wollten einen Film machen, in dem wir keine "Schauspieler" sehen, sondern einen Steinmetz auf Wanderschaft, einen Betonbauergesellen, eine Bikerin. Menschen, denen wir in den 107 Filmminuten glauben wollen, das zu sein, was sie da vorgeben. Ganz gleich ob die Darsteller vorher im "richtigen Leben" HipHop-Stars waren (Sascha Reimann) oder Breakdancer in einer Rostocker Plattenbausieddlung (Lukas Steltner), ob sie in Hollywoodproduktionen mitgespielt (Peter Rühring in "Der englische Patient") oder hinter dem Tresen eines autonomen Jugendzentrums geschuftet haben (Zarah Löwenthal). Das, was sie bei uns im Film sind, wollen wir als echt, als tatsächlich spüren. Wahrhaftig sein mit dem Mut zur Hässlichkeit.

Wir wollten einen Film machen, der seinen thematischen Kern, Schuld und Wiedergutmachung, so erzählt, dass trotzdem oder gerade deshalb daraus eine spannende, aufregende, packende, auch optisch begeisternde Kino-Geschichte wird. Ohne Scheu vor Kamera-Effekten, vor "Action", derben Scherzen und digitalen Tricks. Wir wollten nicht langweilen.

Wir wollten einen Film machen, der ein Geheimnis zeigt, ohne es preis zu geben. Eines der letzten Geheimnisse, die unsere medial umfassend ausgeleuchtete deutsche Gesellschaft noch birgt. Die Welt der Wandergesellen.
Eine fremde, abgeschlossene, archaische Welt. Fremd anziehend oder fremd abstossend. Mit eigener Sprache, eigenen Regeln, eigenen Überzeugungen und Sehnsüchten. Eine Welt, die Kraft kostet, beim Hinsehen, wie beim Mitmachen.
Eine Welt die deine Energie verschlingt, dich rüttelt und schüttelt, dich verändert. Ob du willst oder nicht.
Wir wollten einen Film machen, der seinen Protagonisten mit Respekt begegnet.
Der sie nicht für ein kumpeliges Augenzwinkern mit dem Publikum verrät. Am Beginn des Films ein Blick von Aussen nach Innen: Auf Bastian, den sich schlägernden "Proleten" und eine Gruppe Wandergesellen. Rauh redend, in einer Sprache, die man kaum versteht. Am Ende des Films ein Blick von Innen nach Aussen.
So "innen", dass man auch ohne jede Gesellen-Regel spürt, welchen Prozess innerer Überwindung der Wandergeselle Festus leistet, wenn er dem Mörder Bastian vergibt und ihn in seine Gesellenbruderschaft aufnehmen will. So "innen", dass man auch ohne auf Wanderschaft gewesen zu sein begreift, auf was Bastian bereit ist zu verzichten, wenn er Festus den Mord beichtet.

Wir wollten einen Film machen, der sich nicht ranschmeisst an seine Figuren, der keine Helden konstruiert, keine Gesellen als "lebende Zinnteller" präsentiert. Der Film begegnet seinen Hauptfiguren mit respektvollem Abstand, mit gewollter Distanz. Sympathie und Antipathie für die Filmcharaktere nicht als Ergebnis von flotten Dialog-Sprüchen, schmeichelnder Kamera und gefälliger Schauspielerei, sondern als intellektueller Prozess. Als Analyse.
Die Figuren handeln ambivalent: Die Bikerin und ehemalige reisende Steinmetzgesellin Leila hat einen neuen Freund, mit dem sie freundschaftlich-kameradschaftlich zusammen lebt und dann kommt Festus zurück, den sie einmal geliebt hat und noch oder wieder liebt. Sie sagt ihm, dass das so bleiben soll mit ihrem neuen Freund, und sieht, wie Festus leidet und erkennt daran, dass er sie wirklich liebt. Nicht als Affaire. Dann muss sich Leila entscheiden und sie entscheidet sich, und sagt Festus Adieu, für immer. Und Festus kämpft nicht, widerspricht nicht, und verzichtet auf Leila aus Liebe zu ihr. Und sie beschenkt Festus dafür, beim Abschied, und betrügt ihren Freund und bleibt bei Ihrem Freund.
Das kann man OK finden, das kann man ablehnen.
Der reisende Steinmetzgeselle Festus verrät einen Freund. Er distanziert sich öffentlich von ihm und der Freund geht ihm verloren und wird erschlagen kurz darauf. Festus fühlt sich schuldig, will das Geschehene ungeschehen machen und baut sich einen neuen Reisekollegen, Bastian, zum Ersatz, zur Kopie seinen getöteten Freundes um. Und sagt ihm nichts davon und spielt ihm Kameraderie vor, um an Bastian seine Schuld ungestört abarbeiten zu können. Und da, gerade weil Bastian auf Festus' simulierte Kameradschaft mit echter Freundschaft reagiert, beichtet ihm Bastian, dass er es war, der seinen Freund erschlagen hat. Der Wandergeselle Festus müsste ihn bestrafen dafür, ihn verstossen und verraten, aber der Mensch Festus kann das nicht, weil erkennt, dass er selbst ebenso Schuld am Tod seines Freundes ist und verzeiht Bastian. Mehr noch: Festus bricht alle Regeln seiner Gesellenvereinigung und will, dass der Mörder Bastian in die Bruderschaft aufgenommen wird.
Das kann man akzeptieren, das kann man ablehnen.
Der junge Betonbauergeselle Bastian aus Wismar begeht einen Mord und leidet nicht, fühlt keine Schuld, weil einen "Penner" zu töten, für ihn kein Verbrechen ist. Nicht aus Interesse, oder Sehnsucht oder romatischer Abenteuerlust schliesst er sich einer Gruppe Wandergesellen an, sondern aus purem Egoismus: Ein Zeuge erpresst Bastian. Davor hat er Angst. Vor dem will er weg. Dafür geht er auf Wanderschaft. Und dann auf der Walz sammelt er Erfahrungen, viele, in kurzer Zeit. Tatsächliches, nichts Gelesenes oder Gehörtes oder im Netz flüchtig Aufgeschnapptes.
Die Erfahrungen zwingen ihn zur Stellungnahme. Er muss Position beziehen. Er muss denken. Langsam wird aus einem Nichts ein Jemand. Er beginnt zu fühlen. Er fühlt Schuld. Als Wandergeselle lebt er auf der Strasse, kaum anders als ein "Penner". Und es macht ihm Spass, so zu leben. Aus der Wandergesellen-Verkleidung wird eine Überzeugung. Er will so leben. Nicht zufällig, sondern weil er jetzt wach, aufmerksam geworden ist und genau hinhört, was Festus über seinen ermordeten Kumpel erzählt, begreift Bastian endlich, wen er getötet hat, nachts an einer Tankstelle in Wismar: Festus' Freund und Reisekollegen "Schmiege". Soll er Festus die Wahrheit sagen und damit das neu gewonnene Leben als Wandergeselle verlieren oder soll er schweigen, und damit bequem aber verlogen die Wanderschaft mit Festus fortsetzen? Bastian entscheidet sich für die bequeme Lösung: Er schweigt. Schweigt, bis er erkennen muss, dass die Lüge grösser als sein "fröhliches Wanderleben" ist, dass es kein richtiges Leben im falschen gibt.
Er gesteht Festus die Tat und setzt seine Freundschaft zu Festus, sein Wanderleben, seine Freiheit aufs Spiel.
Man kann das naiv, man kann das grossartig finden.
Der Zuschauer soll erst nachdenken, dann fühlen und dann, wenn er will, urteilen.

Wir wollten einen Film machen, der uns die maximale Kontolle über seinen Inhalt, seine Besetzung und seine Bild-gestaltung lässt. Deshalb haben wir selber gecastet, selber die Drehorte gesucht, selber die Filmbilder zeichnerisch vorbereitet, selber produziert.

Ohne TV-Senderbeteiligung. Ohne redaktionelle Einflussnahme. Wir sind für den Film voll verantworlich.
Wir können uns hinter Sätzen wie "aber der Redakteur wollte so", oder "aber der Drehbuchautor wollte es so" oder "aber der Produzent wollte es so" nicht verstecken.
Wir tragen die Verantwortung. Auch für die Fehler.

Wir wollten einen Film machen, der das Fremde nicht in fernen Erdteilen, unter exotischen Völkern sucht, sondern hier und jetzt, im eigenen Land, "vor der Haustür" entdeckt und freilegt. Das positiv Fremde: die Wandergsellen und ihr brüderlicher Umgang und das negativ Fremde: Die gleichgültige, masslose Gewalt junger Männer im Osten Deutschlands: Potzlow, Tessin, Erfurt.
Wir wollten einen Film machen, der seine Zuschauer lieber über- als unterfordert, lieber überschätzt als unterschätzt.
Die Struktur des Films ist komplex. Die erste Filmszene zeigt undeutlich ein Verbrechen an einer Tankstelle. Genauer: Es zeigt den kurzen Monemt nach dem Verbrechen. In der zweiten und dritten Szene des Films erfährt der Zuschauer, dass das Ereignis mindestens acht Monate zurück liegt. In den folgenden Szenen setzt sich die Filmhandlung zunächst chronologisch fort. Der Täter Bastian verunfallt, wird von den Wandergesellen "gerettet" und schliesst sich Ihnen an. Doch schon beim rituellen Übersteigen des Ortsschildes, Bastians "Losgehtippelei" wird die chronologische Erzählung absichtsvoll unterbrochen. Ein Erinnnerungssplitter Bastians schiebt sich in die scheinbar harmlose Wanderschafts-Szenerie: Bastian zündet einen Menschen an. Von nun an durchbrechen weitere, kontrapunktisch zur Chronologie der Filmhandlung gesetzte Erinnerungs-Rückblenden Bastians die Schilderung seiner Wanderung.
Je mehr wir als Zuschauer von seinen Erlebnissen auf der Walz, von seiner Person, seinem Charakter erfahren, umso mehr dringen die neuen Ereignisse, das neue Leben als Wandergeselle in Bastian selbst ein, treiben Risse in seinen Seelen-Beton, führen zur einer Reflektion seiner Tat. Während wir, die Zusachauer , Bastian auf seiner Wanderschaft kennenlernen und vielleicht beginnen, Sympathien für ihn zu entwickeln, enthüllen die Rückblenden, wer Bastian vor seiner Wanderschaft war: Ein Mörder, der "aus Spass" getötet hat, ohne Schuldgefühl, ohne Reue.
Wen er getötet hat, erfährt der Zuschauer zuerst beiläufig, dann explizit durch Bastians Reisekollegen Festus.
Erfahren wir duch Bastians Rückblenden, dass er an der nächtlichen Tankstelle in Wismar einen "Penner", einen Stadtstreicher erschlagen hat, so erfahren wir durch die sehr kurzen Festus-Rückblenden, dass jener Stadtstreicher zuvor ein Wandergeselle namens "Schmiege" und Festus' Freund und Reisekamerad war.
Die drei Handlungsstränge "Bastians Mord", "Wanderschaft von Festus und Bastian" und "Festus' ehemaliger Freund" kulminieren im letzten Drittel des Films. Lange vor Bastian selbst, begreift der Zuschauer, wen Bastian getötet hat. Durch die Bilder der letzten Bastian-Rückblende im Film erkennt nun auch Bastian selbst, dass sein Opfer Festus' Freund "Schmiege" war.
Wenige Filmszenen später erfährt der Zuschauer in der letzten und zeitlich längsten Festus-Rückblende, was sich vor dem Mord zwischen Festus und seinem Freund "Schmiege" abgespielt hat, erfährt der Zuschauer den Grund für Schmieges "Verwandlung" in einen Stadtstreicher, erfährt, warum Schmiege zuletzt nachts an einer einsamen Tankstelle gestrandet ist, warum Festus Mitschuld fühlt am Tod seines Freundes.
Die Wahrheiten sind ausgesprochen, das letzte Filmdrittel zeigt, wie Festus und Bastian damit umgehen.
Liegen die Zuschauer im ersten Filmdrittel hinter dem Wissensstand der Protagonisten (Was war los an der Tanke? Wer wurde getötet? Warum setzt Festus seine Wanderschaft mit Bastian fort?), haben die Zuschauer im zweiten Filmdrittel den Filmfiguren gegenüber einen Wissensvorsprung. (Bastian hat Festus Freund getötet. Festus weiss davon aber noch nichts). Im letzten Filmdrittel erreichen Bastian, Festus und die Zuschauer den gleichen Wissensstand. (Bastian beichtet Festus den Mord). Die Zuschauer begegnen den Hauptfiguren erstmals auf Augenhöhe.
Für Bastian und Festus beginnt etwas Neues, Gemeinsames. Der Zuschauer begleitet sie ab jetzt auf ihrem Weg dahin.
Eine komplexe Filmstruktur. Man muss genau hinhören und hinsehen. Der Gefahr, dass man den Anschluss verlieren könnte, dass man sich in den Handlungssträngen verheddert, sind wir uns bewusst.

Wir wollten einen Film machen, der trotz seines knappen Etats im Low-Budget-Bereich Reichtum bietet. Reichtum an Drehorten, Reichtum optischer Ideen, akustischem Reichtum in Dolby Digital.
Wir haben ein Storyboard, ein optisches Drehbuch mit 600 Zeichnungen zu allen 600 Einstellungen des Films erarbeitet, um die eigentlichen Drehzeiten so knapp und effizient wie möglich zu halten.
Wenn das Storybaord zeigt, dass nur zwei Wände eines Raume in einer Szene sichtbar sein werden, weiss der Ausstatter, dass er nur diese beiden Wände wird bauen und ausstatten müssen.
Wenn das Storyboard zeigt, dass eine Kamera-Kreisfahrt in einer Szene vorgesehen ist, weiss der Kameramann, es wird dort nur Schiene, kein Kran, keine weitere, teure Technik benötigt.
Wenn das Storyboad zeigt, das in einer Szene nur in eine Richtung fotografiert wird, weiss der Oberbeleuchter, dass er auch nur diese eine Richtung wird ausleuchten müssen.
Viele Diskussionen am Set werden überflüssig, viel Zeit wird gespart. Das Storyboard ermöglicht Reichtum dort, wo er im Film wirklich sichtbar wird: Vor der Kamera, nicht dahinter.

Wir wollten einen Film machen der lieber vorsichtig Fragen stellt, als vorschnell Antworten zu geben. Was ist "Schuld"?
Wenn ich sie in mir, in anderen erkenne, wie gehe ich damit um? Sühnt man, wenn man Gefängnis sitzt? Wie könnte eine wirkliche Sühneleistung aussehen? Kann man sich wirklich verändern, wirklich wandeln? Wie sieht das aus "Verantwortung tragen"? Welche Regeln muss ich durchbrechen, um zu verzeihen?
Festus vergibt dem Mörder seines Freundes. Wem vergebe ich?

Vier Jahre haben wir an unserem neuen Kinofilm "Für den unbekannten Hund" gearbeitet. Zwei jahre Drehbuch und Finanzierung, ein Jahr Storyboard und Casting, ein Jahr Drehen, Schnitt, Nachdreh, Tonmischung, digitale Postproduktion.
Dieser Text ist ein Monolog. Unser Film ist es nicht. Wir wollen reden mit unserem Publikum, diskutieren, auch streiten.
Wir freuen uns auf diesen Dialog.